Schweizer Gericht spricht mutmaßlichen Beteligten an Entführung und Tötung von Lukaschenko-Gegnern frei
Das Kreisgericht Rorschach in der Schweiz sprach Juri Harauski, den ehemaligen Angehörigen eines belarusischen Spezialeinsatzkommandos, frei. Harauski wurde früher beschuldigt, an der Entführung und Ermordung des Ex-Innenministers Juri Sacharanka, des Leiters des Zentralen Wahlkomitees Viktar Hantschar und des Geschäftsmanns Anatoli Krassouski beteiligt gewesen zu sein.
Vor drei Jahren hatte Harauski gestanden, an der Verschleppung und Ermordung oppositioneller belarusischer Politiker mitbeteiligt zu sein. Dies geschah im Jahr 1999, aber der Beschuldigte selbst ist sicher, dass solche Verbrechen „nicht verjähren“.
„Möge Gott gewähren, dass die anderen Mitbeteiligten an der Entführung so schnell wie möglich vor Gericht kommen. Ich werde Zeuge sein und aussagen, wer die Männer festgenommen, wer wo gestanden, wer sie vergraben hat“, sagte Harauski.
Im Urteil des Schweizer Gerichts wird auf Harauskis „widersprüchliche Aussageverhalten“ hingewiesen. Daher konnte das Gericht nicht mit Sicherheit feststellen, ob Harauski an der Entführung und dem Mord der Politiker beteiligt war. Das Gericht fand dennoch keine Beweise dafür, dass Harauski die Justiz vorsätzlich in die Irre geführt hat. Dies war der zweite Straftatbestand, der ihm vorgeworfen wurde.
Harauskis Anwältin Vy Huynh zeigte sich mit dem Urteil des Gerichts zufrieden, während der Anwalt der Angehörigen der ermordeten Politiker Severin Walz versprach, Berufung einzulegen.
Die Tochter des ermordeten Geschäftsmanns Walerija Krassouskaja bezeichnete das Ergebnis als absurd. Für Walerija war es wichtig, dass das Gericht Harauski grundsätzlich für schuldig befindet. Damit wäre die Tatsache der Ermordung endlich offiziell anerkannt. Die junge Frau sagte, dass sie nicht mit dem Freispruch des ehemaligen SOBR-Angehörigen gerechnet habe und noch nicht wisse, wie sie reagieren soll.
Pawel Sapelka, Anwalt des belarusischen Menschenrechtszentrums „Viasna“, das die Klage mit vorbereitet habe, sagte, es sei zu früh, über den Ausgang des Verfahrens Schlüsse zu ziehen. Der Anwalt ist überzeugt, dass die belarusischen Behörden ein Verbrechen begangen haben, und weist darauf hin, dass diejenigen, die an den Entführungen und Ermordungen beteiligt waren, bestraft werden sollen. Sapelka erinnerte daran, dass Harauski ein Recht auf Freispruch hatte, soweit keine ausreichenden Beweise vorlagen.
„In einem Schweizer Gericht geht es nicht wie in einem belarusischen zu. Der Angeklagte wird nur dann verurteilt, wenn seine Schuld zweifelsfrei belegt ist. Wir werden die Angehörigen der Vermissten bei ihren Bemühungen unterstützen, Berufung einzulegen oder auf andere Weise die Strafverfolgung aller potenziellen Mittäter fortzusetzen“, so der Anwalt.
Sapelko ist überzeugt, dass Lukaschenkos Propaganda die Nachricht von Harauskis Freispruch im eigenen Interesse ausnutzen wird. Dabei fordert er die belarusischen Machthaber und Propagandisten auf, zuerst die Frage zu beantworten, warum die Ermittlungen zum Verschwinden der prominenten Politiker und des Geschäftsmanns Krassouski immer noch nicht abgeschlossen sind.