„Das ist reine Strafpsychiatrie“. Zwangsbehandlung von politischen Gefangenen in Belarus
Drei Tage vor seiner Freilassung wurde der politische Gefangene Juryi Kawaljou erneut wegen „böswilligem Widerstand gegen die Verwaltung der Strafkolonie“ verurteilt und zu einer Zwangsbehandlung in einem psychiatrischen Krankenhaus verurteilt.
Seine erste Strafe – ein Jahr in der Strafkolonie – bekam Juryi, weil er bei einer medizinischen Führerscheinprüfung Lukaschenko als „Schwachkopf“ bezeichnete. Seine Aussage richtete sich an eine Psychiaterin, die Swetlana Tichanowskaja beleidigt hatte. Aufgrund einer neuen Anklage hätte er für ein weiteres Jahr ins Gefängnis gemusst, stattdessen wurde er jedoch für unzurechnungsfähig erklärt und in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Ein Bekannter von Kawaljou erzählte dem Sender „Radio Liberty“ von den Bedingungen, unter denen der politische Gefangene derzeit festgehalten wird:
Es ist dort extrem schwierig für ihn. Er sagt, dass es im Gefängnis viel einfacher war, und sogar in der Strafzelle. […] Zu allem Überfluss werden ihm auch noch Medikamente gespritzt, die ich für schrecklich halte. Ich habe dazu recherchiert und musste mir an den Kopf fassen. Ich habe Angst um seinen Zustand nach diesen Medikamenten.
Für sechs Monate wurde er in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Nach sechs Monaten wird das Konsilium entscheiden, ob Juryi wieder gesund ist oder nicht. […] Die Zwangsbehandlung kann so lange verlängert werden, wie sie wollen. Das ist reine Strafpsychiatrie.
Juryi Kawaljou hat am Wahlkampf für die Präsidentschaftskandidatin Swetlana Tichanowskaja bei den Präsidentschaftswahlen 2020 teilgenommen. Wenige Tage vor den Wahlen wurde er von der Polizei festgenommen und zu 15 Tagen Arrest verurteilt. In der Folgezeit wurde Kawaljou noch mehrere Male wegen „unerlaubter Mahnwachen“ ins Gefängnis gesteckt, entweder weil er die weiß-rot-weiße Flagge am Haus angebracht hatte oder weil er ein „unzulässiges“ T-Shirt trug.