Von Diktatur zu Demokratie: Wie sieht die Strategie des Übergangs zu einem neuen Belarus aus?
Der Regimesturz würde Belarus*innen eine Chance bieten, eine Demokratie zu etablieren. Wie lässt man sich diese Gelegenheit nicht entgehen und vermeidet dabei juristisches Chaos und Racheversuche seitens der Anhänger der Diktatur? Die belarusischen demokratischen Kräfte haben eine Strategie des Übergangs zu einem neuen Belarus entwickelt. Jeder kann dazu etwas beitragen, berichtet Malanka Media.
Das Hauptziel der Strategie des Übergangs zu einem neuen Belarus sind der Machttransit sowie die Errichtung eines demokratischen Systems, in dem die Entstehung einer neuen Diktatur unmöglich ist. Die ausgearbeitete Strategie ist ein Plan für konkrete Maßnahmen, die auf den Übergang von einer autoritären zu einer demokratischen Regierung abzielen. Sie soll mit dem Beginn des Machttransits im Land starten und ist auf sechs Jahre ausgelegt. In diesem Zeitraum sollen zweimal faire Parlaments- und Präsidentschaftswahlen durchgeführt werden.
Transitzeitraum. Welche Aufgaben sollen ausgeführt werden?
Die erste Phase des Transitzeitraums soll nicht länger als 180 Tage dauern. In dieser Zeit sollen die ersten wahrhaft demokratischen Wahlen stattfinden, die einen Übergang von alten zu neuen Anführern markieren. Zu den Aufgaben des Transitzeitraums gehören:
- Bildung einer Übergangsregierung;
- Gewährleistung einer stabilen öffentlichen Verwaltung in allen Lebensbereichen des Landes, einschließlich der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen, Fragen der Sicherheit und des Schutzes der Souveränität;
- Beseitigung verfassungsrechtlicher Unbestimmtheit;
- Schaffung der Bedingungen für wahrhaft demokratische Wahlen;
- Kurzfristige Durchführung von vorgezogenen fairen und freien Neuwahlen.
Warum ist diese Strategie bereits jetzt notwendig?
Es ist unklar, wie und wann die Veränderungen stattfinden, aber es ist wichtig, darauf vorbereitet zu sein. Die Strategie berücksichtigt verschiedene Szenarien eines Machttransits: vom Verhandlungsprozess bis hin zu Veränderungen unter Gesellschaftsdruck oder externer Faktoren. Konkrete Maßnahmen werden situationsbedingt erfolgen, bis zum Beginn eines Machttransits sollten jedoch bereits einige Gesetzesentwürfe und Reformen verabschiedet sein.
Was beinhaltet die Strategie des Übergangs zu einem neuen Belarus?
Die Abhaltung demokratischer Wahlen, die Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung und Legalität, die Einhaltung internationaler Verpflichtungen, die Gewährleistung der wirtschaftlichen Stabilität und Entwicklung, die Wiederherstellung der Zivilgesellschaft und die nationale Wiederbelebung — all diese Punkte sind in der Strategie des Übergangs zum neuen Belarus zu finden.
Die Vorbereitung auf faire und freie Wahlen und die Entwicklung einer neuen demokratischen Verfassung werden mit dem Beginn eines Übergangs von einem Autoritarismus zu einer Demokratie eng miteinander verknüpft sein, um die politische Krise zu überwinden.
Die ersten demokratischen Wahlen des Präsidenten, des Parlaments und der Vertretungsorgane der lokalen Selbstverwaltung werden frühstmöglich durchgeführt werden, ohne den nächsten regulären Wahltermin abzuwarten.
Während des Übergangszeitraumes sollen eine Kontinuität bei der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen für die Bevölkerung sowie eine Stabilität der öffentlichen Verwaltung gewährleistet sein.
In erster Linie sollen alle politischen Gefangenen freigelassen werden, um Rechtsstaatlichkeit und Gerechtigkeit wiederherzustellen — ihre strafrechtliche und administrative Verfolgung wird aufgehoben. Zugleich sollen politisch motivierte Kündigungen und andere Entscheidungen abgeschafft werden, die die Rechte der Bürger einschränken. Darüber hinaus sollen wichtige Reformen durchgeführt werden.
Während des Übergangszeitraums soll das wichtigste außenpolitische Ziel werden, die Gesetzgebung und die Außenpolitik von Belarus an die allgemein anerkannten Grundsätze und Normen des Völkerrechts anzupassen, internationale Unterstützung zur Stabilisierung der Situation im Land zu heranzuziehen sowie die Sicherheit und Unabhängigkeit des Landes zu gewährleisten.
Die zentrale Aufgabe der Wirtschaftspolitik während des Machttransits soll die Gewährleistung (Wiederherstellung) der gesamtwirtschaftlichen Stabilität werden, was das Ausbleiben eines Einkommens- und BIP-Rückgangs, eine Vollbeschäftigung sowie eine anhaltend niedrige Inflation impliziert.
Während des Übergangs sollen die Bedingungen für die Meinungsfreiheit, die freie Tätigkeit zivilgesellschaftlicher Organisationen und den politischen Pluralismus gewährleistet sein.
Die nationale Identität ist eine unerlässliche Voraussetzung für die Unabhängigkeit des Landes. Zunächst einmal geht es um eine zivile Nation, in der sich die Bürger*innen in dem Wunsch vereint fühlen, die Unabhängigkeit ihres Landes zu bewahren.
Die Reformen, die während des Übergangszeitraumes durchzugeführen sind, werden nur dann erfolgreich und nachhaltig sein, wenn sie von der breiten Öffentlichkeit unterstützt werden.
Niedrige Inflation und kein Einkommensrückgang. Wie lässt sich die Wirtschaft ankurbeln?
Das wirtschaftliche Potenzial des Landes soll gestärkt und entwickelt werden. Hierzu werden folgende Maßnahmen vorgeschlagen:
- Gewährleistung der schnellstmöglichen Aufhebung der Sanktionen gegen Belarus;
- Schaffung der Bedingungen für die Entwicklung des privaten Unternehmertums;
- Kapital- und Steueramnestie;
- Stärkung der sozialen Unterstützung und Sicherstellung deren Zuwendung;
- Stabilisierung staatseigener Unternehmen und Vorbereitung auf die Reform des öffentlichen Sektors;
- Bewältigung von Bedrohungen der Schuldentragfähigkeit staatseigener Unternehmen, teilweise Restrukturierung uneinbringlicher Forderungen;
- Normalisierung der Geld- und Fiskalpolitik;
- Aufbau einer wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit dem Ausland und mit den internationalen Organisationen;
- Gewährleistung der Energiesicherheit des Landes;
- Stärkung der Rolle der Zivilgesellschaft, der Massenmedien, der belarusischen Diaspora im Wirtschaftsleben des Landes, eine Bildung und Stärkung des wirtschaftlichen Vertrauens.
Vorrangige außenpolitische Maßnahmen
Zur Gewährleistung der Sicherheit und Unabhängigkeit des Landes sind einige vorrangige Maßnahmen in der Außenpolitik geplant:
- Anpassung der nationalen Gesetzgebung an die internationalen Verpflichtungen;
- Bewertung internationaler Verträge, um festzustellen, ob sie die Souveränität einschränken und mit den nationalen Interessen vereinbar sind;
- Abzug der russischen Truppen aus Belarus;
- Initiierung des Prozesses des Austritts aus dem Unionsstaat von Russland und Belarus;
- Beitritt zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten;
- Beitritt von Belarus zum Europarat;
- Initiierung der Unterzeichnung des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens mit der EU und anschließend des Assoziierungsabkommens mit der EU.
Der vollständige Text des Dokuments ist unter dem Link nachzulesen. Eine Diskussionsmöglichkeit gibt es hier.