Solidarität ohne Grenzen: Ein Leitfaden zur Unterstützung belarusischer politischer Gefangener aus dem Ausland
Mit jedem weiteren Jahr wird die nachhaltige Unterstützung politischer Gefangener in Belarus zunehmend schwieriger. Die Behörden wenden unlautere Praktiken an, um die Solidarität unter den Belarus*innen zu untergraben und Hilfe für Menschen hinter Gittern zu verhindern. Gleichzeitig wächst wöchentlich die Liste derer, die Ermutigung brauchen, damit sie sich als Opfer des repressiven Systems nicht allein gelassen glauben. Gemeinsam mit Tausenden Belarus*innen, die über die ganze Welt verstreut sind, hat das Menschenrechtszentrum „Viasna“ Ideen gesammelt, wie man politische Gefangene aus dem Ausland unterstützen und aufmuntern kann.
Postpakete
Politische Gefangene kann man mit einem echten Geschenk unterstützen: einem Paket oder Päckchen mit Süßigkeiten und einem netten Schnickschnack. Pakete können Inhaftierten in Untersuchungshaft zugestellt werden, solange ihre Urteile nicht in Kraft getreten sind. Dem Paket muss unbedingt eine Inhaltsbeschreibung in freier Form beigefügt werden. Es ist nicht nötig, die Zusendung eines Pakets mit den Verwandten des jeweiligen politischen Häftlings abzusprechen, wenn Sie aber Kontakt zu ihnen haben, können Sie nachfragen, was die Person mag.
Für die Anzahl und das Gewicht von Paketen sind keine Einschränkungen festgelegt, abgesehen von den Bedingungen der Post. Wichtig ist zu beachten, dass es hierzu Ausnahmen für die Untersuchungshaftanstalt Nr. 7 in Brest und für einige Gefangene in der Untersuchungshaftanstalt Nr. 6 Baranawitschy gibt. Es ist deswegen empfehlenswert, sich vorab nach Einschränkungen oder Richtlinien zu erkundigen, die in der jeweiligen Haftanstalt gelten.
Was darf in ein Paket hinein?
Per Post versandte Pakete unterliegen den gleichen Regeln wie übliche Pakete für Inhaftierte, aber mit einigen zusätzlichen Einschränkungen. Zum Beispiel dürfen keine verderblichen Lebensmittel in ein Paket hinein. Es gibt eine Liste von Sachen, die man Häftlingen in Paketen schicken darf. Hier sind einige davon:
- Bonbons, Geleebonbons, Fruchtleder, Schaumzuckerwaren, Halva, Schokolade;
- Instant-Produkte (Kartoffelpüree, Nudeln, Suppe), Hafer- und Buchweizenflocken;
- Trockenfleisch, Wurstwaren (getrocknet, geräuchert);
- Käse
- Kaffee (jeder Art), Blatt-Tee;
- Nüsse, getrocknete Aprikosen, Datteln, kandierte Früchte;
- Kekse, Zwieback;
- warme Socken;
- Briefumschläge, Papierbögen, Postkarten, Notizbücher;
- Buntstifte, Filzstifte, Kugelschreiber (rote sind verboten).
In einigen Zellen ist es kalt, daher lohnt es sich, warme Kleidung an Gefangene zu schicken. Sachen wie warme Wollsocken mit einem persönlichen Hauch dank interessanter und farbenfroher Muster können den Inhaftierten ein gutes Gefühl geben.
Teilweise ist der Versand von Körperpflegeprodukten schwierig, aber man kann dennoch Artikel wie duftende Seife, Handcreme und Lippenpflege-Stift ins Paket legen. Außerdem sind leere Umschläge, schöne Postkarten, Schreibpapier, Stifte und Aufkleber immer willkommen, damit die Gefangenen ihren Verwandten und Freunden zu Feiertagen gratulieren können.
Gleichzeitig dürfen Pakete zum Beispiel keine Dörrpflaumen, Rosinen, Sonnenblumenkerne, Gosinaki, Kräutertee, Pomelos und Grapefruits, Chinakohl, Salz, Bücher, Zeitschriften, Kreuzworträtselbücher, Aquarellefarben, wiederverwendbare Rasierer, Sicherheitsscheren, Schals, Feuchttücher, Wattestäbchen, Feuerzeuge und Plastikgeschirr enthalten.
Welche Einschränkungen gelten für Pakete aus dem Ausland?
Ein einzelnes Paket aus dem Ausland darf nicht mehr als 31 Kilogramm wiegen und sein Wert sollte 1.000 Euro nicht überschreiten. Ratsam ist es, kleinere Pakete mit einem Wert von 30 bis 40 Euro zu versenden. Bei der Post müssen Sie ein Formular ausfüllen und das Paket mit einer detaillierten Inhaltsbeschreibung mit Wertangaben versehen. Bitte beachten Sie, dass es etwa 5 bis 6 Wochen dauern kann, bis das Paket sein Ziel erreicht.
Wie verpackt man ein Paket?
Bevor das Paket versandt werden kann, entfernen Sie die Originalverpackung und die Etikette und tun Sie Lebensmittel in transparente Beutel. Die Kochanleitung und der Name des Produkts können aus der Verpackung ausgeschnitten und in einer Tüte beigelegt werden. Setzen Sie die Inhaltsbeschreibung nach Möglichkeit in russischer oder belarusischer Sprache auf. Sie können eine Box in der erforderlichen Größe bei der Post auswählen oder Ihre eigene verwenden. Stellen Sie bitte sicher, dass alle Angaben der oder des politischen Gefangenen, einschließlich des Vatersnamens und der Adresse der Haftanstalt, lesbar geschrieben sind.
In der Regel kann ein Paket anhand der von der Post vergebenen Sendungsnummer verfolgt werden. Auf diese Weise können Sie sich vergewissern, dass das Paket nicht verloren gegangen ist und den jeweiligen Häftling erfolgreich erreicht hat.
Stellen Sie sich nur die unglaubliche Dankbarkeit und Freude der Person vor, die Ihr Paket erhält. Es ist ein Zeichen dafür, dass sie nicht vergessen wird, ein Zeichen der Unterstützung und des Glaubens an ein freies Belarus.
Briefe
In allen Haftanstalten, in denen unsere politischen Gefangenen festgehalten werden, bleiben Briefe das wichtigste Kommunikationsmittel. Seit dem Beginn der großangelegten russischen Invasion in die Ukraine wird die Korrespondenz mit belarusischen Gefangenen stark erschwert, doch einige Briefe erreichen immer noch ihre Empfänger*innen. Wenn Sie an eine Person schreiben, die in der Strafkolonie inhaftiert ist, sollte man den Brief per Einschreiben schicken. Sie können auch leere Postkarten versenden. So ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass sie der oder dem politischen Gefangenen ausgehändigt werden, und die Person kann dann ihren Angehörigen zu Feiertagen gratulieren.
Wichtiger Hinweis: Briefe und Postkarten können online versendet werden über:
- die Freiwilligeninitiative Majsternja Paschtowak Salidarnaszi oder
- den Service pismo.bel.
Die Beschränkung des Briefverkehrs ist eine verbreitete Methode der Repression, die von Mitarbeiter*innen in Untersuchungshaftanstalten, Gefängnissen und Strafkolonien angewendet wird. Es ist jedoch wichtig, daran zu denken, dass Briefe, wenn sie ankommen, möglicherweise das einzige glückliche Ereignis an einem Feiertag darstellen. Darüber hinaus können Sie Ihre Worte der Unterstützung auch über Verwandte zukommen lassen, deren Briefe Gefangene öfter erreichen.
Unterstützung von Menschen in Haftanstalten mit offenem Vollzug
Auch gibt es die Möglichkeit, politische Gefangene in Haftanstalten mit offenem Vollzug zu unterstützen, indem man Essen oder ein Geschenk für sie per Lieferdienst bestellt. Man muss jedoch im Voraus den Liefertermin mit ihnen abstimmen. Gefangene in offenen Justizvollzugsanstalten dürfen Handys benutzen, sodass Sie ihnen unmittelbar in sozialen Netzwerken oder per Instant-Messenger zu einem Fest gratulieren können. Sie können ihnen auch ein gewöhnliches Paket senden, dabei gibt es keine Beschränkungen in Bezug auf den Inhalt. Nicht erlaubt sind aber Geldüberweisungen.
Unterstützung für Verurteilte unter Hausarrest
Denken Sie auch an diejenigen, die zum Hausarrest verurteilt und deswegen zu Hause eingesperrt sind; obwohl sie zu Hause bleiben, ist ihre Freiheit sehr eingeschränkt. Sie können ihnen in sozialen Netzwerken folgen und sie persönlich unterstützen. Zum Beispiel organisieren die Keramikerinnen Kazjaryna Lesawik und Anastassija Malaschuk, die Hausarreststrafen verbüßen, Tonmodellier-Workshops und verkaufen ihre Tonprodukte. Der Kauf ihrer Artikel ist eine sinnvolle Möglichkeit, Unterstützung zu zeigen.
Unterstützung für Familien politischer Gefangener
Sie können den Familien politischer Gefangener Sachen spenden, damit sie Pakete für ihre inhaftierten Angehörigen zusammenstellen, und ihnen auch zu Feiertagen gratulieren. Äußerst wichtig ist es für die Kinder politischer Gefangener, die möglicherweise nicht einmal die Möglichkeit haben, ihre Eltern zu sehen. Sie können sie sowohl unmittelbar als auch durch die Teilnahme an Solidaritätsspendenaktionen unterstützen.
So sammelt zum Beispiel BYSOL Spenden, um politischen Gefangenen und ihren Familien Hilfe zukommen zu lassen. Man kann auch zur Unterstützung ehemaliger Häftlinge beitragen, die ihre Haftstrafe verbüßt haben und freigelassen wurden. Darüber hinaus sind Sie herzlich eingeladen, sich der Weihnachtsspendenaktion anzuschließen, die Kindern helfen soll, deren Eltern aus politischen Gründen inhaftiert waren.
Informationen teilen
Die Not der politischen Gefangenen in Belarus ist vielleicht der akuteste Schmerz für unser Land, weil Tausende von Menschen misshandelt, gefoltert, für mehrere Jahre der Freiheit beraubt und sogar in Haft getötet werden. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir uns darum bemühen, dass die Stimmen derer, die täglichen Torturen hinter Gittern ausgesetzt sind, gehört werden.
Thematisieren Sie in sozialen Medien die Herausforderungen, mit denen politische Gefangene konfrontiert sind, und die aktuelle politische Situation in Belarus. Teilen Sie diese Informationen mit Ihren Freunden und Bekannten und erklären Sie Menschen aus anderen Ländern, zu denen Sie Kontakt haben, die Geschichte der gegenwärtigen Repressionen. Wir müssen verstehen, dass die Stärke der Belarus*innen in der Solidarität liegt. Nur wenn wir zusammenhalten, können wir diejenigen unterstützen, die gezwungen sind, die kommenden Feste in Einzelhaft oder mit Zellengenossen zu feiern.