Nobelpreisträger Ales Bialiatski zu 10 Jahren Haft verurteilt
Zum ersten Mal in der Geschichte wurde ein Nobelpreisträger nach der Verleihung des Preises zur Haft verurteilt. Belarussische Menschenrechtsorganisationen haben ihren Protest dagegen geäußert, in dem sie das Urteil als rein politische Rache für friedliche Aktionen zum Schutz der Menschenrechte und Freiheiten in Belarus bezeichnen.
Am 3. März fällte das Gericht ein Urteil im bekannten Fall gegen das Menschenrechtszentrum „Viasna“. Der Vorsitzende der Organisation, Ales Bialiatski, Nobelpreisträger 2022, wurde zu 10 Jahren in einer Strafkolonie verschärften Regimes, sein Stellvertreter und FIDH-Vizepräsident Waljanzin Stefanowitsch zu 9 Jahren in einer Strafkolonie verschärften Regimes, der Koordinator der Kampagne „Menschenrechtsverteidiger für freie Wahlen“ und Rechtsanwalt Uladsimir Labkowitsch zu 7 Jahren in einer Strafkolonie verschärften Regimes und der Viasna-Menschenrechtsaktivist Dsmitry Salaujou zu 8 Jahren in einem offenen Gefängnis (er befindet sich außerhalb von Belarus) verurteilt. Außerdem sollen sie hohe Geldstrafen zahlen.
Die Menschenrechtsverteidiger bekannten sich nicht schuldig. Allen Angeklagten wurde vorgeworfen, Proteste nach den Präsidentenwahlen im Jahr 2020 finanziert und Geld geschmuggelt zu haben. Insbesondere die Zahlung von Anwaltshonoraren und Geldstrafen für friedliche Demonstranten wurden als illegale Aktivitäten bezeichnet. Der Prozess umfasst 284 Bände, damit wird er zu einem größten politischen Fall. Ales Bialiatski sagte in seiner letzten Erklärung vor Gericht, dass es keinen Zugang zu allen Bänden des Falles verschafft wurde. Während der Verhandlung wurde kein einziger Antrag (auf eine Verhandlung in belarussischer Sprache, auf Abnehmen der Handschellen, auf Zeit zur Kenntnisnahme der Akten usw.) vom Richter genehmigt. Während der Urteilsverlesung waren die Hände der Menschenrechtsaktivisten hinter dem Rücken mit Handschellen gefesselt.
Natallja Pintschuk, die Ehefrau von Ales Bialiatski, die ihn bei der Verleihung des Friedensnobelpreises vertrat, kommentierte das Urteil und betonte das politische Motiv der Verfolgung von Menschenrechtsaktivisten:
„Das Urteil ist offensichtlich sehr hart, wen auch immer es betrifft – Ales, Waljanzin, Uladsimir. Das sind schreckliche Urteile, wenn man bedenkt, wofür sie angeklagt wurden. Trotz dieser 284 Bände der Strafsache und eines ziemlich langen Prozesses sehen wir, dass der Staatsanwalt keine Beweise hatte und auch nicht haben konnte. Es handelt sich offensichtlich um einen Prozess gegen Menschenrechtsaktivisten und für deren Menschenrechtsaktivitäten.
Die Tatsache, dass Ales zu 10 statt zu 12 Jahren verurteilt wurde, ist ein wichtiger Moment: Es scheint, dass die Strafe gemildert wurde, aber sie wurde überhaupt nicht gemildert. Das sind sehr lange Haftstrafen. Wer sind sie und wofür wurden sie zu solchen Strafen verurteilt? Für einen Mord, für eine Verursachung eines erheblichen Schadens? Nein, keines der Argumente, die vor Gericht vorgebracht wurden, hatte auch nur den geringsten Beweiswert für das Gericht, um sie unter diesen Artikeln zu verurteilen“.
Am Vorabend der Verurteilung verfassten internationale Menschenrechtsorganisationen eine Erklärung und forderten erneut die Freilassung der Menschenrechtsverteidiger und die Einstellung aller Anklagen gegen sie. Heute finden im Ausland Solidaritätsaktionen statt, um gegen die unrechtmäßige Verurteilung und Kriminalisierung von Menschenrechtsaktivitäten in Belarus zu protestieren.