Schodsina-Gefängnis: überfüllte Zellen und Misshandlungen
Anfang März wurden in Belarus mehr als 600 Menschen festgenommen: Einige wurden vor dem Referendum präventiv verhaftet, andere wegen Antikriegsaktionen. In den ersten Tagen nach den Anti-Kriegs-Protesten wurden 650 Gerichtsprozesse abgehalten. Für die meisten Fälle wurden nur sieben Minuten eingeteilt. Die Prozesse fanden über Skype statt. Als Zeuge trat immer dieselbe Person auf, die ein Polizeibeamter ist. Von einem der Festgenommenen erfuhr man, dass die Gründe für die Verhaftung bereits im Voraus festgelegt worden waren.
Ein ehemaliger Häftling erzählte den Menschrechtler*innen von „Viasna“ von den Bedingungen im Schodsina-Gefängnis. Der Mann wurde am 27. Februar 2022 festgenommen. Bevor Häftlinge in die Zellen gebracht wurden, wurden einige von ihnen stundenlang draußen im Innenhof festgehalten. Der junge Mann war in einer Vierer-Zelle mit etwa 15 anderen Personen untergebracht. Die Matratzen und das Bettzeug wurden den Insassen weggenommen. In den Zellen war es sehr heiß. Es gab aber nur kaltes Wasser. Nach ein paar Tagen brachten die Wärter eine Rolle Toilettenpapier und Zeitungspapier (anstelle von Toilettenpapier). Viele Gefangene hatten Verdauungsprobleme durch das schlechte Essen. Die Häftlinge durften weder duschen, noch in den Hof gehen. In der Nacht fühlte sich einer der Gefangenen krank. Ein medizinischer Offizier gab ihm zwei Pillen und weigerte sich zu erklären, was das Medikament war. Höchstwahrscheinlich handelte es sich um Schlaftabletten, denn der Mann schlief sofort nach der Einnahme der Tabletten ein.
Die Gefangenen wurden mehrfach geschlagen, und es wurde Pfeffergas gegen sie eingesetzt. Einmal betraten Offiziere einige Zellen, befahlen ihnen, sich mit dem Gesicht nach unten hinzulegen und begannen, über die Rücken der Liegenden hin- und herzulaufen. Ein Beamter stand am Eingang und filmte die Folter mit seinem Smartphone. In anderen Zellen wurden Häftlinge schwer verprügelt.
In Schodsina gibt es keine Ärzte, die bereit sind, medizinische Hilfe zu leisten. Den Wärtern zufolge wollen die Ärzte nicht mit dieser Einrichtung zusammenarbeiten, weil es immer wieder Beschwerden von Insassen gibt. Nach ihrer Freilassung haben viele ihre Wertsachen nicht zurückbekommen, da sie nach der Erstellung der Protokolle in Taschen ohne ordentliche Beschriftung gesammelt werden
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