Werden belarusische Truppen in den Ukraine-Krieg geworfen?
Politologe und Publizist Aliaksandr Klaskousky analysiert, wie hoch die Wahscheinlichkeit dessen ist, dass die belarusischen Streitkräfte eine direkte Invasion in die Ukraine starten. Und wenn dies geschehen sollte: Was würde es für Belarus selbst bedeuten, sich an den Kämpfen gegen die Ukrainer zu beteiligen?
Alexander Lukaschenko und belarusische Generäle geben zu, dass die Konzentration von taktischen Truppen im Süden des Landes erhöht ist, erklären dies jedoch ausschließlich mit der Aufgabe, die Grenzen vor der angeblichen militärischen Bedrohung durch die Ukraine zu schützen.
Laut Arseni Sivitsky, Leiter des Zentrums für strategische und außenpolitische Studien, könne der Kreml Lukaschenko in eine Situation bringen, „in der er einfach keine Wahl hat“. Aber die Armee von Belarus ist klein und hauptsächlich mit sowjetischen Waffen ausgestattet. Darüber hinaus ist der Kampfgeist des Militärs nicht gerade ausgeprägt. Nach zahlreichen Berichten wollen belarusische Soldaten größtenteils nicht gegen die Ukrainer kämpfen.
Im Falle eines Kampfeinsatzes gegen die Ukraine haben die belarusischen Einheiten keine einzige Chance, ihre Aufgaben zu erfüllen, oder auch nur einer schweren Niederlage zu entgehen. Wenn es Minsk nicht gelingt, die Situation auszusitzen, werden vermutlich so wenige Truppen wie möglich geschickt, und „nach den ersten negativen Erfahrungen“ wird ihre Teilnahme auf Eis gelegt, sagt Sivitsky voraus.
Einige Beobachter glauben, dass die Teilnahme am Krieg das belarussische Regime untergraben und zu einem schnellen Sturz führen kann. Schließlich sind Antikriegsstimmungen in der Gesellschaft stark ausgeprägt, und wirtschaftliche Nöte können Proteste des immer noch passiven Teils der Bevölkerung nach sich ziehen. Es scheint jedoch, dass Massenproteste in naher Zukunft unwahrscheinlich sind. Darüber hinaus wird das Regime mit Sicherheit jedes Anzeichen von Protest noch härter unterdrücken und den Weg zum Totalitarismus weiter beschreiten.
Aber es gibt einen wichtigen externen Faktor. „Der Krieg führt zur Degradierung Russlands, das der wichtigste Garant für Lukaschenkos Machterhalt ist“, betont der Politologe Valery Karbalewitsch. Wenn Russland „sich in einer sehr schlechten Situation wiederfindet“, werden die Chancen für Veränderung in Belarus steigen, glaubt er.