„Nacht der erschossenen Dichter“ findet in Dutzenden von Städten auf der ganzen Welt statt
In der Nacht vom 29. auf den 30. Oktober 1937 wurden in Minsk über hundert belarusische Staatsbürger, Kulturschaffende und Wissenschaftler erschossen. Darunter sind 22 Schriftsteller: Dichter, Prosaautoren, Übersetzer und Kritiker. Dieses tragische Datum ist bekannt als die „Nacht der erschossenen Dichter“. Die Erschießung am 29. Oktober 1937 war der tragischste Moment in der Welle der Massenrepressionen gegen die belarusische nationale Intelligenz. Diese Welle dauerte von 1929 bis 1938 und zielte auf die Vernichtung von national orientierten Künstlern, Lehrern, Angestellten und Wissenschaftlern ab. Der Terror betraf mehr als 500 prominente Persönlichkeiten der belarusischen Kultur. Mehrere hundert Menschen wurden aus Belarus vertrieben, mehrere hundert wurden erschossen und Dutzende wurden in Straflager verschleppt.
An diesem Jahrestag hielten die Belarus*innen in 38 Städten weltweit Gedenkveranstaltungen ab, rezitierten Gedichte, sangen Lieder und gedachten der Repressierten. Die Aktionen wurden unter Beteiligung der belarusischen Diaspora, des Büros von Swetlana Tichanowskaja und des belarusischen Kulturrates vorbereitet.
In Belarus selbst fand die Aktion online statt – nicht wegen der Gefahr des Coronavirus, sondern wegen der Verfolgung, auch von Vertretern der Kultur und der kreativen Intelligenz durch die belarusischen Behörden.
Am 29. Oktober 2021 besuchten Diplomaten der Europäischen Union, des Vereinigten Königreichs, der Vereinigten Staaten und der Schweiz den Trauerort Kurapaty in der Nähe von Minsk, eine Grabstätte für die Opfer der stalinistischen Repression. Verschiedenen Quellen zufolge könnten die Massengräber in Kuropaty die Überreste von mehreren zehn- bis hunderttausend Opfern enthalten. Hier sind Bürger*innen verschiedener Nationalitäten begraben – neben Belarusen auch Russen, Polen, Juden und Litauer.
„Ehre den Belarus*innen, die sich seit Jahrzehnten mutig und beharrlich dafür einsetzen, dass es nie wieder einen Weg in den Tod geben wird“, so Pressedienst der EU-Delegation in Belarus.