Nürnberg fordert Einrichtung „internationalen Tribunals zur Untersuchung von Verbrechen des Lukaschenko-Regimes“
Am 11. Oktober 2021 fand in Nürnberg die internationale Rechtskonferenz „Verbrechen gegen die Menschlichkeit und die Einstufung Lukaschenkos als Terrorist“ statt, die vom Zivilgesellschaftlichen Krisenmanagement (NAU) organisiert wurde.
Die Konferenz wurde von der demokratischen Anführerin Swetlana Tichanowskaja eröffnet. Sie stellte fest, dass der Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit in Belarus heute nicht mehr gilt. Das Land befinde sich in rechtlichen Staatsbankrott, erklärte Tichanowskaja und forderte die westlichen Demokratien erneut auf, die Schaffung einer internationalen Plattform, auf der alle Beweise für Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht durch die belarusischen Behörden gesammelt, überprüft und aufbewahrt werden sollen, zu unterstützen. Darüber hinaus schlug sie vor, die Anwendung der universellen Gerichtsbarkeit zur Verfolgung Lukaschenkos zu fördern und Minsk das Stimmrecht in der International Civil Aviation Organization (ICAO), Interpol und anderen internationalen Organisationen zu entziehen.
Der Leiter des NAU, Pawel Latuschka, zitierte in seinem Bericht Statistiken über Menschenrechtsverletzungen in Belarus: 40.000 Menschen wurden festgenommen, Tausende wurden gefoltert, 16 wurden getötet, alle unabhängigen Zeitungen und 275 NGOs wurden geschlossen, Zehntausende von Belarus*innen wurden aus politischen Gründen entlassen. Latuschka erinnerte auch daran, dass Lukaschenko im vergangenen Jahr den Befehl gegeben habe, auf friedliche Demonstranten zu schießen. Der Oppositionelle forderte die Einleitung eines Verfahrens zur „rechtlichen Verfolgung des Diktators und seiner Handlanger“.
Tomasz Wilinski, ein polnischer Rechtsanwalt, Menschenrechtler und Experte für internationales Strafrecht, ist der Ansicht, dass „wir es im Fall von Belarus mit Staatsterrorismus, der durch politischen Terrorismus motiviert ist, der darin besteht, einen Zustand der Angst zu schaffen, um bestimmte politische und ideologische Ziele zu erreichen, zu tun haben“.
Der ehemalige polnische Verteidigungsminister Radosław Sikorski erinnerte an Lukaschenkos Gegner, die Ende der 90er Jahre spurlos verschwanden. „Das Ausmaß der Repressionen in Belarus ist für die gesamte Region beispiellos. Lukaschenko terrorisiert die Zivilbevölkerung. Wir müssen die Frage der Verantwortlichkeit im Rahmen des Internationalen Strafgerichtshofs zur Sprache bringen. Er ist ein Terrorist. Und er wird vor Gericht gestellt“, sagte der polnische Politiker.
Am Ende der Konferenz wurde eine Fünf-Punkte-Deklaration verabschiedet. Dazu gehören die Forderung nach verstärktem internationalem juristischem Druck auf das Lukaschenko-Regime und die Beschleunigung bestehender und neuer Strafverfahren im Rahmen der universellen Gerichtsbarkeit gegen diejenigen, die für Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Belarus verantwortlich sind; die offizielle internationale Nichtanerkennung von Alexander Lukaschenko und seiner Regierung; die Einstufung des Lukaschenko-Regimes als terroristisches Regime und seine Aufnahme in die Liste der Terroristen; die Einrichtung eines internationalen Ad-hoc-Tribunals zur Untersuchung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die in Belarus vom Lukaschenko-Regime über alle Jahre hinweg begangen wurden.